Wachstumsschmerzen

Einen Beweis, dass Wachsen weh tut, hat bisher niemand erbracht. Trotzdem sprechen Kinderärzte von Wachstumsschmerzen.

Aus eigener Erfahrung kenne ich Wachstumsschmerzen. Als Kind habe ich geweint, weil mir meine Beine so weh  taten. Meine Mutter hat sie mir mit Arnika oder Franzbranntwein eingerieben und schließlich ist sie mit mir zum Arzt gegangen , der die Diagnose Wachstumsschmerzen gestellt hat.

Eigentlich eine „gute Diagnose“, aber weh getan hat es trotzdem. In meiner Erinnerung sogar sehr stark.

Die Frage, die ich mir stelle, ist: wenn ich es damals hätte entscheiden können, ob ich wachsen hätte wollen oder eher auf die Schmerzen verzichtet und klein geblieben wäre, wie hätte ich entschieden?

Für die Veränderung? Und damit für Wachstumsschmerzen? Warum hätte ich das tun sollen? Was hätte mich motiviert? Die Aussicht auf ein neues Kleid? Der natürliche Wunsch nach Wachstum?

Gut, dass ich damals nicht entscheiden konnte und beschlossen habe klein zu bleiben wie Oskar in der Blechtrommel. Er war der Meinung , dass sein Verstand da bereits ausgereift war. Auf jeden Fall hatte seine Entscheidung einen existentiellen Hintergrund wie meist bei Veränderungs- und Wachstumsprozessen. Gerade in persönlichen Themen sind manche Veränderungen schmerzhaft und fühlen sich nicht gut an .

Wie ist das heute? Entscheide ich mich für ein Wachstum? Für eine Entwicklung oder passiert das automatisch? Oder verändert sich das Außen und ich passe mich nur an? Und ist Wachstum irgendwann mal abgeschlossen?

Spannende Fragen, die aktuell gerade auch sehr in der Ich-Entwicklungs-Theorie basierend auf Studien von J. Loevinger diskutiert werden.

Ich habe mir in meiner Arbeit mit Menschen und Führungskräften die Frage gestellt, welche Bedeutung haben die Studien von Loevinger und Binder für die Entwicklung und Förderung von Führungskräften? In diesem Zusammenhang habe ich basierend auf eigenen Beobachtungen und einer Reihe von Coachinggesprächen die ich ausgewertet habe, in mein zukünftiges Coaching mit leitenden Mitarbeitern die neuen Forschungsergebnisse integriert. In die Supervisionsabende für Führungskräfte, die seit Ende Februar stattfinden, fließen diese neuen Erkenntnisse mit ein.

Ich empfehle allen, die sich vertiefen wollen in die Konzepte rund um Ich-Entwicklung und Beratung das Buch von Thomas Binder: Ich-Entwicklung für effektives Beraten.

Ich will dich ermutigen zur Entwicklung, eben auch, mit Wachstumsschmerzen. Und ich wünsche dir, dass es Menschen in Deinem Umfeld gibt, die diese Entwicklung unterstützen und im übertragenen Sinne, dir die Beine mit Franzbranntwein einreiben. Für eine gesunde Entwicklung benötigt der Mensch eine solche Form der Unterstützung; ein Gegenüber.

Wie schon Martin Buber sagte: Der Mensch wird am Du zum Ich.
Und Salomo wusste: Alles hat seine Zeit.

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